Offene Kapelle

 

Mittlerweile scheint es so, dass jede Institution einen Tag der offenen Tür hat. Ich finde, das ist ein schönes Symbol. Wir verschließen uns nicht, wollen uns nicht verstecken und kein Geheimbund sein, sondern zeigen, was bei uns los ist. Weil wir diese Einstellung teilen, öffneten also auch wir die Türen unserer Rosenkranzkapelle im Pfarrer-Albert-Willimsky-Weg/Rhinstraße vom 08.-31. Juli 2019 jeden Nachmittag von 14-17 Uhr. Das war der Plan, der auch fast durchgängig eingehalten werden konnte.

 

Oft bin ich gefragt worden: „Was wollt Ihr denn da machen?“ – eine genaue Antwort fiel mir schwer, denn eigentlich ging es einfach „nur“ darum, die Türen zu öffnen, damit die Menschen, die vorbeikommen, die Kapelle nicht nur von außen sehen, sondern auch mal einen Blick oder zwei hineinwerfen können. Und das taten sie. Schon am 1. Tag der Vorbereitung – am Nachmittag mitten in der Woche – konnten wir Menschen von weit weg eine große Freude machen. Wir waren soeben fertig mit unserer Putz- und Streichaktion, fragten uns, wann es denn günstig sei, die Türen zu öffnen, als auf der anderen Straßenseite ein großes Auto hielt und jemand ausstieg. Er hielt die hintere Autotür auf, ein älterer Herr stieg aus, wenig später noch eine ältere Dame. Sie kamen freudestrahlend auf uns zu und erzählten uns, dass sie seit Jahren immer, wenn sie in Friesack sind, hier an der Kapelle vorbeiführen und nie war die Tür geöffnet. Es stellte sich heraus, dass Herr Woronowska in Friesack aufwuchs und auch die Kapelle aus seiner Kindheit kennt. Wir erzählten, was in den letzten Jahren passiert war und was wir vorhaben. Insbesondere den Sohn interessierte das sehr. Wir tauschten Kontaktdaten aus, um ihn auf dem Laufenden zu halten.  

 

Eines Sonntagnachmittags während unserer Öffnungszeiten bog ein großes helles Auto in den Willimky-Weg ein, hielt an, fuhr ein Stück zurück und dann langsam wieder vorwärts. Ich fand es schade, dass sie sich wie viele, die an der Kapelle vorbeikamen, offenbar nicht hineinwagten. Wenige Minuten später, schauten zwei Frauen herein und es stellte sich heraus, dass sie es waren, die mit dem Auto hineinlugten und freuten sich über unser „Herzlich Willkommen“-Banner. Sie fühlten sich eingeladen und folgten der Einladung prompt. Die beiden haben einen Garten fast am Ende des Weges und sind auch vorher schon oft vorbeigefahren an unserer Kapelle. Nun hörten sie sich die Geschichte der Kapelle an und erzählten von sich. Eine der beiden ist Malermeisterin und interessierte sich für die Wandmalereien, die auf einem der historischen Bilder zu sehen sind. Die andere flicht Zäune aus Weiden und interessierte sich für unser Gartengrundstück und die Pläne dazu hinter der Kapelle. Wir tauschten Nummern aus, um in Kontakt bleiben zu können.

 

Noch einige andere Kontakte ließen sich knüpfen. Zum Beispiel kam eines Sonntags die Tochter der Nachbarn (Gemüsegarten im Pfarrer-Albert-Willimsky-Weg) herein und fragte, was es denn mit der „Offenen Kapelle“ auf sich habe. Wir erklärten und es stellte sich heraus, dass sie die Eigentümerin des Gartens ist, der an unser Grundstück angrenzt. Für unser Bauvorhaben wäre sie bereit, uns ein Bebauungsrecht - soweit erforderlich - auf ihrem Grundstück gewähren, damit wir in der ehemaligen Sakristei Sanitäreinrichtungen bauen können. So ließ sich dieses bisherige Hindernis aus der Welt schaffen und der Beginn unseres Sanierungsvorhabens scheint nicht mehr so weit in den Sternen zu stehen.

 

Weitere Anekdoten, die diesen ähneln und doch ganz unterschiedlich sind, erlebten wir in den 24 Tagen der „Offenen Kapelle“. Bei Kaffee und Keksen, Saft, Wasser oder Tee konnten wir schöne, interessante und lehrreiche Stunden mit Gästen und untereinander erleben. Es gab herrlichen Sonnenschein, kühle Tage und Starkregen. Mit jedem „Dienst“ veränderte sich die Kapelle zu einem gemütlichen Aufenthaltsraum, dessen Geschichte nicht vergessen, sondern wieder ans Licht gebracht wurde und weiterhin werden soll. Fußspuren auf dem Boden erzählten nicht nur die Geschichte des Gebäudes, sondern auch der Menschen, die in diesem Gebäude ein- und ausgingen. Bewegte Zeiten waren es, die Gebäude und Menschen prägten. So konnten auch wir Vereinsmitglieder noch Einiges z. B. zu Pfarrer Albert Willimsky und dem Fotografen Albert Bode lernen. Beides Männer, die das Gemeindeleben durch ihre je eigene Art geprägt, belebt, ermöglicht haben.

 

Auch an der Kapelle sind Veränderungen sichtbar geworden. Wir haben historische Bilder im Innenraum, ein neues Tor zum Hof, Schienen zum Aufhängen von Bildern und Tafeln, eine kleine gemütliche Sitzecke mit Bücherregal und Büchern, einen Teppich mit Sitzsäcken, Malbüchern und bunten Stiften für junge und junggebliebene Gäste, einen wunderbar gemähten Garten, die bereits erwähnten Fußspuren … jeder konnte etwas einbringen – jeder nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten.

 

Wie geht’s weiter?

 

Mal sehen, was weiterhin möglich ist. Franziskus von Assisi sagte mal: Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche und plötzlich schaffst du das Unmögliche.

 

Notwendig war das Putzen der Kapelle, möglich war es, sie zu öffnen. Den Rest werden wir sehen. Mit Gottes Hilfe bleiben wir dran.

 

Und wenn Sie jetzt traurig sind, dass Sie uns nicht kennenlernen konnten, weil Sie die Tage der „Offenen Kapelle“ verpasst haben, dann habe ich hier eine gute Nachricht für Sie. Am 17. August 2019 besteht die nächste Gelegenheit. Wir werden erstmals unser Weinfest auf dem Gelände der Rosenkranzkapelle feiern. Um 17 Uhr wird es eine Heilige Messe in der ehemaligen Kapelle geben, anschl. treffen wir uns zum gemütlichen Beisammensein hinten auf dem Grundstück mit einem kleinen Buffet und unserem stetig wachsenden Hausweinsortiment. Wir freuen uns über jedes neue und neugierig, interessierte Gesicht.